Montag, 26. August 2013

Menin Gate

Das Menin Gate Denkmal liegt am östlichen Ortseingang der Stadt Ypern. Die Meense Straat führt zum Grand` Place d`Ypern, wo sich heute das Museum „In Flanders Fileds“ befindet, und war zwischen 1914 und 1918 jene Straße, die ins Schlachtfeld führte. Heute steht ein monumentaler Torbogen an der Stelle des ursprünglichen Tores umgeben von der historischen Stadtmauer. Die rechteckige Gestalt des Tores erinnert an die Triumphbögen der klassischen Antike. Das symmetrische Denkmal ist insgesamt 25 Meter hoch, 31 Meter breit und 42 Meter lang. Die Außenfassade ist mit rotem Backstein und weißem Kalkstein (Portlandstone) verkleidet. Drei Durchgänge führen durch das Denkmal hindurch.

Die zentrale Passage über der Straße und jeweils zwei Fußgängerwege auf der rechten und linken Seite ermöglichen einen Durchgang. Die Erscheinung der Fassade entspricht dem klassischen Stil. Vier dorische Säulen auf quadratischen Sockeln zieren die Vorderseite des Tores. Über dem rechten und linken Fußweg sind über dem Durchgang zwischen den Säulen zwei Inschriften eingelassen: „Pro Rege [Für den König]; Pro Patria [Für das Vaterland]“, die einen imperialistischen Charakter haben.

Die Dachkonstruktion beinhaltet treppenartige Steinblöcke, die mit drei Lorbeerkränzen auf jeder Seite geschmückt sind. Über dem mittleren Bogen ist eine weitere Inschrift platziert und auf dem abschließenden Stein thront ein liegender Löwe, der in die Richtung des ehemaligen Schlachtfeldes blickt, und von William Reid Dick gestaltet wurde. Er steht symbolisch sowohl für den englischen Löwen als auch für den Flanderns. Die Inschrift „To the armies of the British Empire who stood here from 1914 to 1918 and to those of their dead who have no known grave“ [Für die Soldaten des britischen Empires, die hier zwischen 1914 und 1918 kämpften, und für die Gefallenen, die kein bekanntes Grab haben.]




Die Seitenansichten eröffnen den Blick auf eine Galerie mit jeweils sechs dorischen Säulen. Mit Treppenaufgängen werden die Galerien mit dem Hauptinnenraum verknüpft.

Ursprünglich waren vier Treppenaufgänge geplant, die aufgrund des geringfügigen Platzes für die Namen der Gefallenen nicht realisiert wurde.

Menin Gate - tägliches Gedenken vor Ort: Last Post
Der Innenraum des Tores erinnert an eine Gedenkhalle, nüchtern, streng und von den tausenden und abertausenden Namen dominiert. Die Namen von 54,896 Gefallenen sind auf Kalkstein eingemeißelt und sowohl auf den Innenwänden als auch auf den Wänden der Treppenaufgänge eingraviert. Über dem linken Treppenaufgang ist folgende Inschrift zu lesen:

„Ad majorem Dei gloriam. [Zur höheren Ehre Gottes]

Here are recorded the names of officers and men who fell in Ypres Salient but to whom the fortune of war denied the known and honoured burial given to their comrades in death.“ [Hier sind die Namen der Offiziere und Männer, die in Ypres Salient gefallen sind, aber welchen das Schicksal des Krieges das persönliche und ehrende Begräbnis verwehrte, welches ihren Kameraden im Tode gewährt war.]

Auf der Rückseite des Denkmals befinden sich weitere Inschriften auf den Säulen wie “This memorial was built an is maintained by the Commonwealth War Graves Commission.” [Das Denkmal wurde errichtet und wird von der Commonwealth Kriegsbegräbniskommission instand gehalten.]

Das Menentor wurde von dem Architekten Reginald Blomfield entwickelt und am 24. Juli 1927 von Albert I. von Belgien und dem Field Marshall Herbert Plumer eingeweiht. Blomfield wurde nach seinem Studium als Offizier bei der Registrierung der Gefallenen eingesetzt und war unter anderem an den Entwürfen für die Soldatenfriedhöfe beteiligt. Der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig berichtet in seinen Aufzeichnungen „Auf Reisen“ 1928 von dem eben eingeweihten Mahnmal:

Quelle: Wiki
„Denn dieses Denkmal gilt den Toten, den sechsundfünzigtausend englischen Toten bei Ypern, deren Gräber nicht gefunden werden konnten, die irgendwo in einem Massengrab vermodern, unkenntlich von Granaten zerfetzt, oder im Wasser verfaulten, all jenen, die nicht wie die anderen auf den Friedhöfen rings um die Stadt ihre hellen, weißen, geschliffenen Steine haben, eigenes Wahrzeichen letzter Ruhestatt. Ihnen allen, den Sechsundfünfzigtausend, hat man diesen Marmorbogen als gemeinsames Grabmahl gewölbt, und alle diese sechsundfünfzigtausend Namen sind eingegraben mit goldenen Lettern in den marmornen Stein, so viele, so unendlich viele, daß, ähnlich wie auf den Säulen der Alhambra, die Schrift zum Ornamente wird.“

Zur historischen Darstellung des Menin Gate ist Folgendes überliefert. Bereits im Mittelalter schützte sich die Stadt mittels einer Stadtmauer und einem sogenannten „Hangoartpoort“ vor Eindringlingen. Zur Zeit des Ersten Weltkrieges ist das Tor unter den Namen Menin Gate, Menenpoort, Menen Tor bekannt. Ypern nahm einen strategisch wichtigen Standpunkt ein und war Versorgungszugang der Briten.
Der Schlieffen Plan sah vor, einen Überraschungsangriff auf Frankreich vorzubereiten und Luxemburg, Belgien und die Niederlande zu durchqueren. Ypern war die letzte Stadt, die nicht unter deutscher Kontrolle stand.

Bei Ypern, in den Saillant d`Ypres, fanden zwischen 1914-1918 fünf bedeutende Schlachten statt. Auf der Seite der Alliierten kämpften Franzosen, Belgier und Soldaten des Commonwealth gemeinsam gegen die Deutschen. Allein die Soldaten des Commonwealth beklagten 185.000 Tote, von denen 100.000 an unbekannten Orten begraben liegen. Im Umkreis existieren noch heute ca. 150 Militärfriedhöfe für die Gefallenen. Etwa eine halbe Millionen Soldaten starben in den Kämpfen um Ypern. Durch das ehemalige Tor zogen die alliierten Truppen an die Frontlinie, wo ein erbitterter Stellungskrieg herrschte. Heute erinnert das Menin Gate Mahnmal an die tausenden Soldaten, die im Kampf zurückblieben. Rund 80 % der Gefallenen auf beiden Seiten werden noch vermisst. Das Menin Gate war jedoch nicht der Hauptzugangsweg zur Frontlinie, da das Granatenfeuer ein zu großes Risiko bildete.

Bei der Fertigstellung des Denkmals zeigte sich, dass nicht alle Namen der Vermissten aufgenommen werden konnten. So wurden nur die bis zum 15. August 1917 Gefallenen aufgenommen. Nach diesem Datum gestorbene Soldaten fanden Erwähnung auf dem Tyne Cot Memorial to the Missing. Darüber hinaus werden die Namen neuseeländischer und neufundländischer Soldaten nicht mit aufgeführt, die aber auf separaten Denkmälern erwähnt werden.

Das Menin Gate ermöglicht zwei Interpreationsansätze. Einerseits gilt es als Erinnerung, als Mahnmal für die Gefallenen Soldaten, die kein Begräbnis fanden und die immer noch als Vermisste in den Flandern Fields liegen. An sie wird durch die namentliche Erwähnung im Innenraum des Menin Gates gedacht. Anderseits wird durch die äußere Form, die stark an die Triumphbögen der Römer erinnert, eine Verbindung zu heroischen Siegen geknüpft. Dies stützen auch die imperialistisch anmutenden Inschriften „Für das Vaterland“, „Für den König“.

Ypern wurde nie von den Deutschen besiegt, doch von einem triumphalen Sieg der Alliierten kann keineswegs die Rede sein. Vielmehr spielte sich zwischen 1914-1918 ein grauenvolles Szenario mit einem nicht enden wollenden Stellungskrieg in den Schützengräbern Flanderns ab. Ein Schauplatz, an dem tausende Menschen ihr Leben verloren und die gesamte Kriegstechnik zum Einsatz kam. Das imposante Bauwerk erinnert doch vielmehr von außen an eine uneinnehmbare Festung und einen glorreichen Sieg und vermittelt nicht den Eindruck an die Greueltaten des Ersten Weltkrieges.

Helge Liebsch
für ERINNERN UND VERGESSEN

Quellen als Link im Fließtext und wie folgt:
Dendovven, D.: Ypres as Holy Ground. Menin gate & Last Post. Koksijde 2003.
Longworth, P.: The Unending Vigil, A History of the Commonwealth War Graves Commission. 1917-1967. London 1967.
 Zweig, Stefan: Auf Reisen. Hg. v. Knut Beck Frankfurt am Main 2011.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen