Mittwoch, 3. Juli 2013

Von Feindschaft und Freundschaft - das Ehrenmahl am Straßburger Platz


Unbekanntes Zitat vor einem unbekannten Denkmal?
Erinnert man sich heute noch an diese Geste? Vieles über die Deutsch-Französische Feind- und  Freundschaft - und ihre Traditionen gerät in Vergessenheit. Muss man daran noch erinnern? Und wenn ja, dann wie? Schülerinnen des Ratsgymnasiums in Osnabrück unternahmen dazu einen Versuch im Jahr 2003.

Die Schützende Torsion, Quelle Wikipedia-Artikel

Sie entwickelten im Rahmen ihren Kunst Lk´s 2003 Skulpturen zum Thema Deutsch-Französische Freundschaft für das Schulförderprogramm „denkmal aktiv –Kulturerbe macht Schule“. Die Skulptur sollt ein altes Denkmal in die Gegenwart holen und die Fehlstelle ergänzen, auf der einst eine Germaniaskulptur thronte.

Die Skulptur heißt „die schützende Torsion“, gefertigt aus Karosserieblech von Auszubildenden der Lehrwerkstatt Karmann GmbH. Zwei sich ineinander windenden Säule, die eine gold, die andere silber lackiert, wobei nicht geklärt wird, welche Säule welches Land repräsentiert. In der Mitte befindet sich eine Kugel, die von den Säulen geschützt wird. Diese ist ebenfalls zweifarbig lackiert. Die Skulptur steht auf einem Betonsockel und stellt somit einen Bruch zur historischen Denkmal dar.

Die historische Siegessäule aus dem Jahre 1880 erinnert an den Deutsch-Französischen Krieg im Jahre 1870/71. Sie erinnert an die gefallenen Soldaten, die mit ihrem Namen in den Sockel der korinthischen Säule verewigt wurden.

Über den Gedenktafeln befinden sich folgende Inschriften:

Seine im Kriege von 1870/ 71 geliebten Söhnen - Das Fürstenthum Osnabrück

und

Wilhelm I. Deutscher Kaiser - 18. Januar 1871

Im heißen Kampf geeint
Erblühe Herrlichkeit
Hort des Friedens
Theures Vaterland

Fehlendes Kaiser Wilhelm I. - Relief auf der Schauseite des Denkmals - ein Opfer für den Eisenbedarf des 2. Weltkrieges




Diese Elemente zeigen, dass das Denkmal weniger der Erinnerung der Gefallenen dient, sondern der Verherrlichung des Krieges und zur Erinnerung an die Treue zum Vaterland. Auch die Reden zur Eröffnung 1880 belegen, den Grad der politischen Instrumentalisierung des Denkmals. Es stellt sich die Frage, ob die Auftraggeber – ein eigens eingerichtetes Komitee – diese Wirkung beabsichtigt haben. Um ein geeignetes Denkmal zu finden, schrieb das Komitee einen Wettbewerb aus, den der Osnabrücker Stadtbaumeister Emil Hackländer gewann. Ursprünglich wurde ein anderer Entwurf ausgewählt, dessen Umsetzung aber nicht finanzierbar war. Hackländers eigentlicher Entwurf zeigte einen Reichsadler auf einer Säule, die große Ähnlichkeit mit dem Invalidensäule inBerlin aufwies.
Die Jury entschied sich aber für eine Germania, die ebenfalls ein typisches Symbol des siegreichen Deutschlands war. So beliefen sich die Kosten auf 12800 Mark, welche durch freiwillige Spenden gedeckt wurden. Für die Umsetzung war der Steinmetz Louis Steinhauer verantwortlich.
Die Germania war mit ihren typischen Attributen, wie der Rüstung, der Siegesfahne und einem Lorbeerkranz dargestellt.

Wie so viele Denkmäler, fiel auch die Germania der Rüstungsindustrie des 2. Weltkriegs zum Opfer.   Dies war nicht die einzige Veränderung des Denkmals. 1928 musste das Denkmal vom ursprünglich belebten Standort am Neumarkt aufgrund Veränderungen des Straßenbaus weichen. Der neue Standort im Wohnviertel Westerberg auf dem Straßburger Platz wurde zwar sorgsam ausgewählt, trägt aber zum Vergessen bei, was auch die Beschädigungen und die fehlenden Instandsetzungen des Denkmals zeigen.

Das Projekt der Schülerinnen könnte als Maßnahme gegen das Vergessen zu interpretieren sein. Sie gaben dem Denkmal eine neue Funktion. Diese ist es, die Betrachter dazu anzuregen über die Folgen des Krieges nachzudenken und sich an die Deutsch-Französische Freundschaft zu erinnern.
Ob dieses funktioniert, fragten wir die Passanten vor Ort. Aus den Antworten der Passanten ging hervor, dass sich das Denkmal nicht so einfach erschließen lässt, wie die Schülerinnen vielleicht erwarteten. Zum tieferen Verständnis des Denkmals fehlte den Betrachtern eine Tafel, welche den geschichtlichen Hintergrund und die Uminterpretation des Denkmals erläutert.

Das Fehlen einer solchen Tafel deutet daraufhin, dass diese Skulptur als Teil des Denkmals nicht anerkannt ist. Dies zeigt auch das das Buch „Kunst im Öffentlichen Raum Osnabrück“, welches wenige Jahre nach der Aufstellung der Skulptur erschien. Es zeigt Denkmäler in Osnabrück, wobei das Ehrendenkmal auf dem Straßburger Platz ebenfalls vorgestellt wird, allerdings ohne die Skulptur der Schülerinnen.

Nun stellt sich die Frage, ob die Strategie der Erinnerungskultur des Denkmals noch funktioniert.
Funktioniert die Uminterpretation?
Woran erinnert das Denkmal? An den Deutsch-Französischen Krieg oder an die Deutsch-Französische Freundschaft? Muß man daran erinnern?
Warum wird die "schützende Torsion" in einer sehr sorgfältig ausgearbeiteten Publikation der Stadt Osnabrück aus dem Jahr 2012, die mit Stadtplan und Information durch die Kunstwerks und Denkmalslandschaft führt - das Ehrenmal so abgebildet, ols ob es keine Erweiterung gäbe? Warum weichte die fotografierte Wirklichkeit von der wirklichen Wirklichkeit ab?


Sarah Ramlow und Alina Stark

Quellen:
Held, Jutta (Hg.): Symbole des Friedens und des Krieges im öfentlichen Raum Osnabrück, die „Stadt des Westfälischen Friedens“, Bd6, Weimar 1998.

Lindemann, Ilsetraut: In Erz gegossen, in Stein gehauen, Osnabrücker Denkmäler, Bramsche 1982.

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